Haftet Wohnungseigentümergemeinschaft für Hausmeister?

Ein nachlässiger Hausmeister streute nicht, eine Wohnungsbesitzerin stürzte – sie klagte die Eigentümergemeinschaft ihrer Wohnanlage. Der OGH dazu: Eine Gehilfenhaftung sei ausgeschlossen, da es sich beim Winterdienst um eine universale Verpflichtung handle. Allerdings könnte die Gemeinschaft dann haften, wenn es sich beim Hausmeister um einen Repräsentanten handle. Das muss das Erstgericht nun herausfinden.

Nachdem es am vorherigen Tag geschneit hatte, war der Parkplatz einer Wohnanlage zwar geräumt, aber nicht gestreut worden. Eine Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft bemerkte den glatten Boden, kam aber trotz Vorsicht zum Sturz und verletzte sich.

Die Hausverwaltung hatte schon langjährig einen Hausmeister unter Vertrag. Zu seinen Aufgaben, die er größtenteils eigenständig ausführte, gehörten auch Schneeräumung und Salzstreuen. Für Ersteres war wegen seines hohen Alters mittlerweile ein Gehilfe zuständig, für Letzteres noch er selbst.

Die gestürzte Wohnungseigentümerin richtete eine Klage um Schmerzensgeld sowie weitere Forderungen an die Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft. Kausal für ihren Unfall sei das Verfehlen des Hausbesorgers gewesen. Dieser sei Repräsentant der Gemeinschaft, diese hafte daher.

Die Eigentümergemeinschaft beantragte die Abweisung, da sie erstens ihren Mitgliedern gegenüber nur deliktisch für die Verletzung der Wegesicherungspflichten hafte, zweitens der Hausmeister weder untüchtig noch gefährlich gehandelt habe, und er drittens dem Dienstverhältnis nach nicht Repräsentant sei.

Klägerin in Vorinstanzen erfolgreich

Das Erstgericht gab der Klägerin Recht, zwischen den Streitparteien bestehe eine rechtliche Sonderbeziehung, womit strenge Geschäftsherrenhaftung für den Gehilfen und Beweislastumkehr zu tragen kämen. Es erwog auch, den autonom handelnden Hausmeister als Repräsentanten zu betrachten.

Das Berufungsgericht fügte dem hinzu, dass Haftung für eine Hilfsperson in einer rechtlichen Sonderbeziehung davon abhänge, ob eine Verpflichtung gegenüber jedermann oder spezifisch aus dieser Beziehung bestehe. Die Verpflichtung, die gefahrlose Benutzung der Liegenschaft durch die Wohnungseigentümer zu gewährleisten, resultiere aus der Sonderbeziehung.

Die Eigentümergemeinschaft legte dagegen Revision ein. Sie sei zwar gesetzlich als juristische Person verankert, Pflichten gegenüber den Mitgliedern seien aber nicht festgeschrieben. Ein Mitglied könne auch nicht die Gemeinschaft klagen, vorgesehen sei eine Klage gegen die übrigen Mitglieder.

Das Berufsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage der rechtlichen Sonderbeziehung zu.

Offene Fragen der Auslegungstradition

Der Oberste Gerichtshof (OGH) schickte voraus, dass Einigkeit darüber herrsche, dass Winterdienst zur Verwaltung einer Liegenschaft gehört und diese der Eigentümergemeinschaft zuzurechnen ist. In diesem Sinne komme dieser auch unstrittig Rechtspersönlichkeit zu.

Ließe sich das Verhalten des Hausmeisters der juristischen Person der Eigentümergemeinschaft zurechnen? Die Tradition der Rechtsprechung entspreche der Ansicht der Beklagten insofern, dass die Gemeinschaft nur deliktisch hafte. Ein gesellschaftsähnliches Verhältnis bestehe, aber keine Vertragsbeziehung.

In der Rechtsprechung erweise sich diese Sichtweise als beständig. Diskussionswürdig bleibe lediglich ein Zugang: Trifft die Eigentümergemeinschaft eine Verpflichtung, für ihre Mitglieder Sorge zu tragen, die über normale Sorgfaltspflichten hinausgeht?

In bisherigen Entscheidungen sei diese Frage noch nie entscheidungsrelevant gewesen. Ein Rückgriff auf deutsche Lehre helfe nicht, diese gehe von anderen Voraussetzungen aus.

Literatur uneins

Die Literatur, die der OGH heranzog, erwies sich als alles andere als eindeutig. Einige Autoren sprechen sich für die Sicht der Beziehung zwischen Eigentümer und Eigentümergemeinschaft als rechtlicher Sonderbeziehung aus, welche als gesellschaftsähnliches Verhältnis beschrieben wird.

Andere unterstützen dagegen die gesetzlich verankerte Zugangsweise, die Gemeinschaft hafte rein deliktisch, da es an einer Vertragsbeziehung mangle, was auch Gehilfenhaftung ausschließe. Die Bezeichnung als gesellschaftsähnliches Verhältnis lässt sich im Gesetz aber ebenso finden.

Hochleitners Dissertation fand das unschlüssig. Ihrer Ansicht nach ergebe sich aus der Zuständigkeit der Eigentümergemeinschaft zur Verwaltung der Liegenschaft eine Sonderrechtsbeziehung, da die Eigentümer ihre Rechtssphäre gegenüber der Gemeinschaft freiwillig öffnen.

Auch sie war aber der Meinung, die Eigentümergemeinschaft sei nach innen nicht passiv legitimiert. Das Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander sei anders zu regeln: Klagen seien zunächst an den Verwalter oder an die restlichen Wohnungseigentümer als Einzelpersonen zu richten.

Klagen gegen die Gemeinschaft

Die Wohnungseigentümer bilden laut OGH die Eigentümergemeinschaft, der Einzelne könne nur über sie Einfluss auf die Verwaltung nehmen, welche ihr gänzlich übertragen wird. Sie trete aber als juristische Person laut früheren Entscheidungen nur nach außen und nicht gegenüber Mitgliedern auf.

Das Wohnungseigentumsgesetz 2002 habe schließlich festgelegt, dass sich Klagen eines einzelnen Eigentümers nicht gegen die Gemeinschaft sondern gegen die restlichen Eigentümer zu richten haben. Im Innenverhältnis sei die Gemeinschaft nicht eigenständiger Rechtsträger.

Eine Gehilfenhaftung ließe sich also genau dann argumentieren, wenn entgegen der Tendenzen der Rechtsprechung eine rechtliche Sonderbeziehung besteht. Eine ausdrückliche Stellungnahme fehle der österreichischen Judikatur – also sei die Antwort praktisch offen.

Rechtliche Sonderbeziehung

Der Vergleich mit einer Gesellschaft sei zurückzuweisen, so der OGH. Eine Gesellschaft entstehe willkürlich durch einen Vertrag, die Eigentümergemeinschaft automatisch durch Wohnungskauf auch gegen den Willen der Mitglieder als notwendige Rechtsfolge – nicht, wie bei Hochleitner geschrieben, freiwillig.

Eine rechtliche Sonderbeziehung ließe sich auf dieser gesetzlichen Verpflichtung aufbauen, aber nur für aus dem Gesetz ableitbare Pflichten. Eine Pflicht zum Winterdienst kenne es nicht, bestehe aber eine allgemeine Verpflichtung zu ordnungsgemäßer Verwaltung, würde sie Winterdienst beinhalten.

Die Verwaltungspflicht liege aber beim Verwalter. Sie der Eigentümergemeinschaft zu übertragen, würde ihre Haftung auf Handlungen ausdehnen, auf die der einzelne Eigentümer keinen Einfluss nehmen kann. Ein solches Ungleichgewicht könne nicht gewollt sein.

Die Streuungspflicht auf eigenem Grund bestehe gegenüber jedermann. Da keine Verwaltungspflicht gegenüber den Wohnungseigentümern besteht, sei hier die Haftung deliktisch aus dieser universalen Verpflichtung abzuleiten. Bei einer solchen sei aber Gehilfenhaftung ausgeschlossen.

Entscheidung aufgehoben

Ob die Beklagte für den Hausbesorger als Repräsentanten hafte, war dem Berufungsgericht zufolge unwesentlich, weshalb das auch in der Revision nicht aufgebracht wurde. Laut OGH dürfe die Ansicht der zweiten Instanz der Klägerin aber nicht schaden, weshalb er die Frage doch behandelte.

Es entspreche der Rechtsprechung, dass eine juristische Person für Personen haftet, die in ihrem Auftrag Tätigkeiten ausüben, sofern diese mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet sind. Diese gelten dann als Repräsentanten des Auftraggebers.

Auch ein angestellter Hausbesorger könne ein solcher Repräsentant sein, sofern in seinem Dienstvertrag explizit vereinbart ist, dass er seine Arbeit selbstständig und eigenverantwortlich zu verrichten hat. Es reiche nicht, dass seine Arbeit bloß faktisch nicht kontrolliert wird.

Der OGH beschloss daher, den Prozess zu dieser Frage an das Erstgericht zurück zu verweisen: Es ließe sich nicht ohne weiteres feststellen, ob das autonome Arbeiten des Hausbesorgers sich auf eine gültige außervertragliche Vereinbarung oder bloße Nachlässigkeit des Verwalters zurückführen lässt.